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So gingen Mose und Aaron zum Pharao und sprachen zu ihm: So spricht der HERR, der Gott der Hebr�er: Wie lange willst du dich noch weigern, dich vor mir zu dem�tigen? La� mein Volk ziehen, damit es mir dient!
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500 Jahre Reformation: Licht und Schatten

Wie die protestantische Botschaft die Welt ver�nderte und dem Geist ihrer Zeit trotzte. Eine Darlegung und ein Aufruf, erneut das Licht des Evangeliums leuchten zu lassen und dem Zeitgeist zu widerstehen. Von Armin Sierszyn

Jesus sendet Seine J�nger hinaus in alle Welt: �Geht, verk�ndet das Evangelium aller Kreatur! Ihr seid das Licht der Welt! Ihr seid das Salz der Erde; wenn nun das Salz nicht mehr salzt, womit soll man salzen? Es ist zu nichts mehr n�tze, als dass man es wegsch�ttet und l�sst es von den Menschen zertreten� (vgl. Mt 28,18.19; 5,13). Vermutlich erleben wir genau dies in unseren Tagen. Die ganze Welt, auch die westliche, erf�hrt einen tiefgreifenden Umbruch. Die alten Rezepte der intellektuellen Eliten sind verbraucht. Auch die europ�ische Kirche, soweit sie dem Mainstream nachl�uft, wird verachtet und zertreten – nicht zuletzt von den F�ssen derer, die sie in Scharen verlassen. Die protestantische Kirche, einst berufen, Salz und Licht zu sein, weiss oft selbst nicht mehr, wer sie ist und was sie soll. Sie sorgt sich vor allem ums eigene �berleben. Die Z�rcher Landeskirche zum Beispiel diskutiert ein ganzes Jahrzehnt �ber Geld, Stellenprozente und eigene Strukturen. Um das Jahr 1500 ist die Kirche verbandelt mit Geld, Ungeist und Politik. Seit dem 13./14. Jahrhundert steigt die Katholische Kirche auf zur ersten Finanzmacht Europas (Papsttum in Avignon). Die ganze Armutsbewegung ist ein m�chtiger Protest gegen diesen Irrweg. Im Jahr 1500 regiert in Rom der Renaissance-Papst Alexander VI. Mit seinen M�tressen zeugt er eine ganze Reihe unehelicher Kinder, die er mit L�ndereien und F�rstent�mern beschenkt. Von ihren Sch�fchen verlangt die gleiche Kirche gute Moral oder wenigstens den Loskauf von S�nden- und Fegefeuer-Strafen durch kaufbaren Ablass. F�r etwa einen Monatslohn kann sich jedermann von aller S�nden- und Todespein loskaufen nach dem Motto: �Sobald das Geld im Kasten klingt, die Seele in den Himmel springt.� Mit diesen Straf- und Bussgeldern f�llt die Kirche damals scheinheilig ihre Schatullen wie heute die europ�ischen Regierungen mit den Milliarden aus den Verkehrsbussen.

Gegen diese heuchlerischen Missbr�uche wendet sich der Augustinerm�nch und Doktor der Theologie Martin Luther in Wittenberg. Dieser Ort, heute eine Autostunde vor Berlin gelegen, ist damals ein 2000-Seelen-St�dtchen am nord�stlichen Rand der deutschen Zivilisation. In der Bibel belesen und an Augustin geschult, bricht Martin Luther durch zu einer damals neuen und revolution�ren Entdeckung: Kein Mensch kann vor Gott bestehen, geschweige denn sich freikaufen. Alle sind wir verloren, alle. Im R�merbrief von Paulus entdeckt Luther die reformatorische Botschaft, die ihn zu den Pforten des Paradieses f�hrt: Was kein Mensch vermag – das tat der lebendige Gott: Er sandte Seinen Sohn. Jesus Christus starb am Kreuz und zahlte ein f�r alle Mal unsere Rechnungen – nicht mit Silber oder Gold, sondern mit dem eigenen Blut! Dies alles tat und schenkt uns Gott ohne Bedingungen – aus unergr�ndlicher Liebe. Wer dieser Botschaft der Heiligen Schrift vertraut, ist f�r Zeit und Ewigkeit gerettet. Nichts kann ihn scheiden von der Liebe Gottes; der Glaube an Christus ist der feste Anker mitten im Sturm und Untergang.

Zur Reformation geh�rt zuerst und zuletzt die Bibel. Im Jahr 1500 lesen nicht einmal alle Priester in der Heiligen Schrift. Martin Luther �bersetzt die ganze Bibel Alten und Neuen Testaments in die deutsche Sprache. Luthers Sprachgewalt und Sprachtalent sind einmalig und bis heute unerreicht. Luthers deutsche Bibel schl�gt ein. Sie wird besonders von der protestantischen Elite rasch und gern gelesen. Der Reformator dolmetscht seinen lieben Deutschen Gottes Wort geradezu ins Herz hinein. So wird die Lutherbibel zur Grundlage f�r die neuhochdeutsche Sprache. Ohne die Lutherbibel g�be es weder Goethe noch Schiller. Vor allem aber wird die Lutherbibel zur Mutter der evangelisch-lutherischen Kirche, denn: Allein aus dem Wort Gottes wird die christliche Gemeinde geboren. Allein aus dem Wort Gottes erw�chst den Predigern Weisheit und Kraft.

Allein das Wort Gottes richtet, rettet und tr�gt die Welt. Das Grundprogramm aller Reformation von Wittenberg bis Genf bleibt sich immer gleich. SOLA SCRIPTURA = Allein die Schrift SOLUS CHRISTUS = Allein Christus SOLA GRATIA = Allein durch die Gnade SOLA FIDE = Allein durch den Glauben

Dabei sucht Luther in der Bibel immer die Mitte, n�mlich Jesus, und zwar den Gekreuzigten. Nicht auf hohe Worte menschlicher Weisheit, auch nicht auf tiefe fromme Erlebnisse will er sich verlassen, sondern allein auf das Wort vom Kreuz (1.Kor. 1), das alles menschliche R�hmen zunichtemacht.

Weil das Wort Gottes eine so hohe und zentrale Bedeutung f�r das ganze Leben hat, wird die Reformation zur Mutter der Volksschule, und diese zu einem zentralen Institut in den evangelischen St�dten, L�ndern und D�rfern. �L�sen, Schriben, B�ten� sind die Kernkompetenzen, die die Schule auch in der protestantischen Schweiz vermitteln soll. Denn Menschen, die selber in der Bibel lesen k�nnen, werden bef�higt, Gott zu begegnen und Sein Wort zu vernehmen. Wer die Bibel liest, findet Rettung, Hoffnung und geistiges Profil. So werden Bibel und Bildung zur Quelle f�r geistiges Humankapital in den protestantischen L�ndern Europas.

Martin Luther r�ttelt an einer korrumpierten Kirche und Gesellschaft unter dem Einsatz seines Lebens. Weil er die Tabus der M�chtigen ber�hrt, droht ihm der Scheiterhaufen. Hundert Jahre zuvor, am 6. Juli 1415, bezahlte Johannes Hus auf dem Konstanzer Konzil f�r seinen Einsatz zugunsten einer Reform der Kirche mit dem Leben. Seine Asche wurde in den Rhein gestreut, obwohl Kaiser Sigismund ihm sicheres Geleit versprochen hatte.

Am 18. April 1521 soll Luther in Worms vor Kaiser, F�rsten und Stadtr�ten aussagen. Vor den h�chsten Instanzen des Reichs erkl�rt der Exkommunizierte an diesem denkw�rdigen Tag: �Mein Gewissen ist gefangen in Gottes Wort, darum kann und will ich nichts widerrufen.� Luther weiss: auch in Worms k�nnte man (seine) Ketzerasche in den Rhein streuen. Trotzdem bleibt er fest. Dieser 18. April 1521 gilt in der europ�ischen Geschichte zu Recht als ein bedeutender Tag. Da steht ein einzelner Mensch vor den h�chsten politischen Instanzen und beruft sich auf Gottes Wort und sein Gewissen. Nat�rlich hat er dies alles aus der Bibel gelernt (R�m 13,5; 1.Tim 1,19).

F�r die europ�ische Geschichte der fr�hen Neuzeit ist es ein starkes Signal, dass sich ein Mensch auf die Glaubens- und Gewissensfreiheit beruft. Hier st�sst Luther ein Tor auf, das vom Mittelalter in die Neuzeit f�hrt. Um Luther vor der kaiserlichen Rache nach Ablauf der zugesagten Schutzfrist zu beschirmen, entf�hren und verbergen ihn einige Freunde auf der tief im Th�ringer Wald gelegenen Wartburg. Trotzdem flattern Luthers Schriften und Handzettel in Windeseile in aller Herren L�nder.

Auch in Basel werden die Schriften des Reformators gedruckt. Die Reformation wird eine �internationale� Bewegung. Auch in Z�rich f�llt der Same der Reformation auf guten Boden. 1518 wird Ulrich Zwingli von Wildhaus, Pfarrer in Einsiedeln, als Leutpriester ans Grossm�nster gerufen. Hier soll er den Leuten predigen. Zwingli beginnt seine Arbeit am Neujahr 1519 mit einer Auslegung des Matth�usevangeliums. Auch in der Z�rcher Reformation spielt die Bibel die grundlegende und entscheidende Rolle. Zwingli und seine Freunde �bersetzen die Bibel in Windeseile aus dem Hebr�ischen und Griechischen in die deutsche Sprache. Den Dominikanerinnen im Kloster Oetenbach ruft Zwingli zu: �Eher verl�sst die Natur ihren Lauf, als dass das Wort Gottes nicht erf�llt werde!� Und in seinen Schlussreden (1523) schreibt der Reformator: �Die Heilige Schrift muss mein und aller Menschen Richter sein; es darf aber nicht der Mensch Richter �ber das Wort Gottes sein.�

Auch Zwingli r�ttelt an Tabus der Zeit. In der Fastenzeit des Jahres 1522 ist er bei einem (�ffentlich verbotenen) Wurstessen anwesend. Als der Duft der heissen W�rste das Haus von Druckermeister Froschauer erf�llt und alle (ausser Zwingli) zugreifen, �ffnet die illustre Runde das Fenster, damit die Stadtbewohner in den Gassen merken, was geschieht. Ein Sturm der Entr�stung erfasst die Altgl�ubigen, Zwingli aber predigt weiter das Wort Gottes. Die Disputationen sind eine Besonderheit der Z�rcher Reformation. Als die Wogen der Emotionen hochgehen, erl�sst der Rat Vernehmlassungen.

Die Z�rcher Kirchgemeinden d�rfen sich durch Delegationen �vernehmen lassen�. Dabei bedient man sich nicht der Gelehrtensprache Latein, sondern der alemannischen Dialektsprache des Volkes. Alle Gl�ubigen sind m�ndig! Dabei geht es um die Frage: Welches ist die rechte Kirche? Bis zu 600 M�nner diskutieren mit Zwingli und seinen Freunden im alten Rathaus. Als Richtschnur gilt allein die Bibel.

Humanistische Freunde von Zwingli vertreten eine radikale Form der Reformation. Mitglied der Kirche, sagen sie, k�nne nur sein, wer bekehrt und gl�ubig getauft sei. Zwingli ahnt, dass ein radikaler Weg die Z�rcher Reformation in Blut und Tr�nen ersticken m�sste; noch steht Z�rich allein, die Miteidgenossen samt Bern w�rden die Limmatstadt mit Gewalt rekatholisieren. Aber auch theologisch denkt Zwingli anders als die T�ufer. Wie Augustin unterscheidet er die sichtbare und die unsichtbare Kirche. Nicht alle Glieder der sichtbaren Kirche sind wahrhaft gl�ubig, und auch unter den scheinbar Frommen gibt es Heuchler. Darum ist die wahre Kirche Jesu Christi unsichtbar.

Nur Gott kennt die Seinen. Demgem�ss formuliert Zwingli kurz und b�ndig: �Welches ist Christi Kilch? Die sin Wort h�rt. Wo ist die Kilch? Durch das ganze Erdrich hin. Wer ist sie? Alle Gl�ubigen. Wer kennt sie? Gott.� Am Hohen Donnerstag, am Karfreitag und am Ostertag 1525 wird im Z�rcher Grossm�nster das erste evangelische Abendmahl gefeiert. Gegen�ber der katholischen Messe wird das Mahl betont schlicht und biblisch-n�chtern gefeiert. �Der Herr Jesus in der Nacht, da er verraten wurde, nahm das Brot …� (1.Kor 11,23). Die Gottesdienstteilnehmer empfangen unges�uertes Brot (Oblaten) aus einer h�lzernen Schale und Wein aus einem h�lzernen Kelch.

Anders als Luther deutet Zwingli Brot und Wein symbolisch: �das bedeutet mein Leib� usw. Diese zwinglianische Deutung hat sich in verschiedenen Freikirchen, nicht aber in den reformierten Kirchen durchgesetzt. Hier gilt das Verst�ndnis von Johannes Calvin: Leib und Blut Christi sind durch den Heiligen Geist gegenw�rtig und werden geistlich mit dem Herzen empfangen. Goldene Ger�te und silberne Kelche haben keinen Platz. Auch sch�ne Kantaten und ber�hrende Musik stehen im Weg vor Gottes Wort, das wieder geh�rt werden soll. Zwingli und sp�ter auch Calvin vertreten eine puritanische Fr�mmigkeit. Was nicht ausdr�cklich im Wort Gottes geschrieben steht, soll keinen Platz im Gottesdienst haben.

Zwingli stammt aus einer politischen Familie; sein Vater war Gemeindepr�sident von Wildhaus. Zwingli ist ein politischer Reformator. Die Z�rcher Reformation zielt ab auf praktische Ver�nderungen. Auch Luther versteht die Arbeit als Beruf (von be-rufen). Benedikt von Nursia schenkte dem Benediktinerorden schon im Fr�hmittelalter das Motto �Bete und arbeite�. F�r Zwingli ist die Arbeit nicht Last, sondern Gottesdienst und Ausdruck des Glaubens. Nicht nur die Landwirtschaft, auch Handel, Gewerbe, Handwerk, Regieren und Unterrichten werden als Arbeit positiv gewertet. Der Bettel, der zuvor das Stadtbild zeichnete, ist verboten.

Fleiss, Sparsamkeit, getreue Gesch�ftsf�hrung sind Teil des Gottesdienstes. Dank des neuen Arbeitsethos bl�ht die Stadt auf. Im Jahrzehnt 1540/50 w�chst der Stadt ein Kapital von 100.000 Pfund zu, das die Regierung f�r Gebietserweiterungen einsetzt. Diese neue Glaubensart bezeichnet man als Puritanismus (purus = rein), d.h. Glaube und Leben im reformierten Z�rich sind �gereinigt� von unbiblischen Zutaten. Diese Tendenz wird sich im Calvinismus eher noch verst�rken. Die vom Staat konfiszierten Klosterg�ter dienen als Grundlage zur staatlichen F�rsorge. Bei der Predigerkirche errichtet der Rat einen Mushafen zur Ern�hrung der Armen.

Das Mittelalter duldete die Bettelei, interpretierte sie gar positiv: im Bettler begegnet uns der arme Jesus, wir sollen ihm helfen. Zugang zum Mushafen haben jetzt nur noch unverschuldet Arme und Arbeitsunf�hige, d.h. Kranke, Alte, Kinder aus Grossfamilien, aber auch Studenten. Faulpelze und Arbeitsscheue gehen leer aus. Zwingli verbietet die bisherigen Wucherzinsen (bis zu 20 %), gestattet aber als Erster Gesch�ftskredite bis zu 5 %. Mit Geld darf man arbeiten. Johannes Calvin geh�rt zur zweiten Reformatoren-Generation. Geboren 1509, ist Calvin 25 Jahre j�nger als Luther und Zwingli. Calvin ist Nordfranzose, Sch�ler Luthers, Humanist, promovierter Jurist, meistgelesener Autor des 16. Jahrhunderts.

Calvin ist der k�rperlich schw�chste, in seiner Wirkung aber der st�rkste aller Reformatoren. 4.300 erhaltene Briefe zeugen von seiner europ�ischen Vernetzung. Calvin gilt als Oekumeniker unter den Reformatoren. Mit Melanchthon und katholischen Theologen sucht er ernsthaft, die Glaubensspaltung zu �berwinden. Calvin gr�ndet in Genf die Akademie. Durch diese Kaderschmiede gehen Hunderte, ja Tausende Glaubensfl�chtlinge, die unter dem Schutz des starken Bern von Calvin gelehrt, gepr�gt und profiliert werden. Der Schotte John Knox, als Glaubensfl�chtling den franz�sischen Galeeren entronnen, empf�ngt in Genf seine Pr�gung. Er verl�sst die Calvinstadt mit dem Gebet: �Herr, gib mir Schottland oder ich sterbe!� Schottland f�llt ihm zu. Eine Million Franzosen, ein Grossteil des Adels und der Gebildeten, �ffnet sich dem Calvinismus (Hugenotten). So entsteht ein entschlossener, k�mpferischer und am Bibelwort profilierter Protestantismus in Frankreich, Holland, England, Ungarn, aber auch in der Schweiz. Genf wird das protestantische Rom genannt. Als die Kr�fte des Luthertums erschlaffen und die katholische Kirche zum Gegenschlag ausholt, ist es der calvinistische Protestantismus, den Gott gebraucht, um die Reformation zu retten. Calvins Kirchenverst�ndnis ist f�r seine Zeit einmalig, ja, eine Pioniertat. Der Genfer Reformator ist der Sch�pfer der Gewaltentrennung. Der operativen Kirchenleitung stellt er die Synode als Legislative gegen�ber.

Die Kirche Calvins kennt weder Bisch�fe noch Pr�laten. Sie wird geleitet durch vier �mter, die er dem Neuen Testament entnimmt: Presbyter, Pastoren, Lehrer und Diakone leiten die Kirche. In Calvins Kirchenordnung wie in seiner Glaubenslehre (Institutio) erscheint ein pr�gender Satz, den man sonst im ganzen 16. Jahrhundert nicht findet: �Niemand ergreife ein Amt, er sei denn von der Gemeinde dazu erw�hlt.� Dieser Satz ist ein fr�her Same f�r die sp�tere europ�ische Demokratie. Mehr noch: Calvins Kirchenlehre mit ihrer Trennung der Gewalten wird durch die Vermittlung calvinistischer Siedler und durch den englischen Presbyterianer John Locke zum Vorbild f�r die amerikanische Verfassung im 18. Jahrhundert. Im Calvinismus schlummert die Sprengkraft, die bereits im 17. Jahrhundert in England die Revolution und die parlamentarische Demokratie herauff�hrt.

Die Genfer Reformation empf�ngt durch Johannes Calvin puritanische Akzente, wie sie uns schon bei Zwingli begegnen. Mehr noch. Das Glaubensleben des Genfer Reformators selbst ist nicht ohne asketische Z�ge. Der Vielbesch�ftigte ist oft so sehr in seine Arbeit vertieft, dass er zu essen vergisst, was seiner Gesundheit nicht zutr�glich ist. Calvin kann buchst�blich mit Paulus sagen: „Ich bezwinge meinen Leib und z�hme ihn, damit ich nicht anderen predige und selbst verwerflich werde� (1.Kor 9,27). So lebt Calvin in Genf und bezwingt in grosser Schwachheit seine starken libert�ren Gegner in der Regierung. Wer Calvin deshalb Gesetzlichkeit vorwirft, hat ihn nicht verstanden. Dieser Reformator lehrt nicht nur, sondern er lebt auch die evangelische Kreuzestheologie. Deshalb ist ihm bei allen Fehlern, die ihm unterlaufen, eine Vollmacht und Geistesgegenwart gegeben, die ihresgleichen sucht.

Im Calvinismus des 16. und 17. Jahrhunderts verst�rken sich puritanische Z�ge weiter, die schon bei Calvin angelegt sind. Der Calvinist distanziert sich vom Treiben dieser Welt. Tanzbelustigungen, Karneval und weltliches Spiel sind ihm ein Gr�uel. Er lebt sparsam, bescheiden und solid, ist w�hrend der Woche �usserst arbeitsam und fleissig zur Ehre Gottes, er beachtet den Feiertag und sorgt f�r seine Familie. Es versteht sich von selbst, dass puritanische Lebensweise dieses Schlags normalerweise nicht in Liederlichkeit und Armut f�hrt, im Gegenteil. Reichtum gilt im Calvinismus nicht als S�nde; schon Abraham war �sehr reich an Vieh, Silber und Gold� (1.Mo 13,2), weil Gott ihn segnete. Schon Zwingli und sp�ter die Calvinisten glauben, dass ehrlich erworbener Reichtum f�r Gl�ubige als ein Zeichen der pers�nlichen Erw�hlung zu verstehen ist.

Die Gewissheit der Erw�hlung aber ist die st�rkste Motivation, die ein Mensch bekommen kann. Gnade und Erw�hlung sind das Geheimnis der Geschichte, sagt der Kulturphilosoph Ernst Troeltsch. Kein Geringerer als Max Weber hat schon vor 100 Jahren darauf hingewiesen, dass die puritanische Lebensweise Schmierfett f�r einen gedeihlichen Staat mit florierender Wirtschaft ist, ja, dass der Calvinismus mit seiner �innerweltlichen Askese� der eigentliche Motor f�r den Aufstieg des Westens und des Kapitalismus gewesen ist. In der Tat sind Leistung, Bildung und Wissen (Lesen!) im calvinistischen Protestantismus �beraus positiv besetzt, sodass sich in protestantischen Gebieten schon fr�h und in besonderer Weise ein geistiges Humankapital ansammeln konnte. In Genf selbst begr�nden Calvinisten den Bankenplatz sowie die Uhren- und Textilindustrie, ebenso pflegen sie wachsam Beziehungen zum Rohstoffhandel.

Der Genfer Wirtschaftsprofessor Peter Tschopp bezeichnet Calvin als �Vater des Genfer Bankenplatzes�. Calvin gestattet (wie Zwingli) den gesch�ftlichen Geldverleih zum Maximalzins von 5 %. Ums Jahr 1500 kann der monolithische Machtblock China als Nabel der Welt bezeichnet werden. Schon als Europa im Mittelalter noch dahind�mmert, erfinden die Chinesen im 11. Jahrhundert die mechanische Uhr, es folgen die Druckerpresse, das Schiesspulver, das Papier, die S�maschine, der Kompass, die Schubkarre und selbst ein kleines Ger�t wie die Zahnb�rste. China besitzt im Mittelalter eine hochseet�chtige Kriegsflotte, deren Riesenschiffe im 15. Jahrhundert die Ostk�ste Afrikas anfahren.

Ums Jahr 1500 denkt niemand an eine Weltherrschaft des kleinen Europa. Und doch steigt England im 17. Jahrhundert auf zur ersten Seemacht der Welt. W�hrend China an seiner Selbstzufriedenheit und Unbeweglichkeit zerf�llt, erlebt England eine (calvinistische) Revolution und wird 1689 zur weltweit ersten parlamentarischen Demokratie. Demokratie und Freiheit aber schaffen Raum f�r Eigentum, Forschung, Innovation und Wettbewerb. 2014 publizierte Niall Ferguson, weltber�hmter Historiker von Harvard und Oxford, ein Buch mit dem Titel �Der Westen und der Rest der Welt�. Auch Ferguson sieht in der calvinistischen Arbeitsethik den entscheidenden N�hrboden und Motor f�r den unerwarteten demokratischen, industriellen und milit�rischen Aufstieg des Westens.

Die St�rke des (calvinistischen) Protestantismus hat den schnellen Aufstieg des kleinen Europa zum Vorort der Welt erm�glicht. Als England und der Kontinent im 20. Jahrhundert ihren Zenit hinter sich lassen, erreichen die protestantischen USA (dank immer neuer Erweckungen) ihre volle geistige Kraft. Erst ab den 1960er-Jahren beginnt h�ben und dr�ben der kirchliche Abstieg; diesem Abstieg folgt der kulturelle und politische Niedergang auf dem Fuss. Dreierlei Schatten des Protestantismus sollen an dieser Stelle noch in aller K�rze dargelegt werden. 1. Mit der Reformation ist eine nachhaltige und bis heute nicht geheilte Spaltung, ja, eine Zerkl�ftung, in die abendl�ndische Christenheit eingedrungen. Selbstverst�ndlich gab es in der Christenheit l�ngst vor der Reformation ungez�hlte Kirchenspaltungen.

Bereits im 11. Jahrhundert trennen sich die morgenl�ndische und die abendl�ndische Kirche nicht im Frieden. Die Bewegungen der englischen Wycliffiten, der tschechischen Hussiten und der Waldenser konnten im Sp�tmittelalter nur durch staatliche Gewalt unterdr�ckt werden. Die Ketzerverfolgungen sind ein jahrhundertealtes, d�steres Kapitel der Kirchengeschichte. Insofern ist die Reformation wieder positiv einzustufen, weil sie als individualisierende Glaubensbewegung eben auch eine Pluralisierung der Religionskultur erm�glichte, die der Pietismus im 18. Jahrhundert noch verst�rkte. 2. Eine schwerwiegende Folge von Reformation und Gegenreformation sind die zahllosen europ�ischen Religionskriege, von denen der Dreissigj�hrige Krieg (1618–1648) mit seinem ganzen Jammer, Pest und Elend der schrecklichste ist. In ihrer gr�ssten Not und Ausweglosigkeit stossen die Menschen auf die Gesundheit des Teufels an. Es sind nicht die Gottlosesten, sondern oft die Klugen und Wachsamen, die ob all den Schrecken, den die Glaubenskriege ausl�sten, an der Bibel und am Christentum irregeworden sind.

So sind die Religionskriege die tiefste Quelle f�r die Entstehung des abendl�ndischen Skeptizismus und Atheismus. Mit H�nden greifen l�sst sich diese Entwicklung in Frankreich, das am Ende des 18. Jahrhunderts geistlich ausgeblutet ist. Auch hier kann die Schuld nicht einseitig der Reformation zugewiesen werden; im Gegenteil, es sind in erster Linie die Verh�rtungen des konfessionellen Zeitalters, die h�ben und dr�ben zu schwersten Verwerfungen gef�hrt haben. 3. Der dritte Schatten h�ngt mit dem zweiten zusammen und betrifft den Neuprotestantismus ungleich st�rker als die katholische Kirche.

Der neuzeitliche Mensch in Europa verf�llt dem Skeptizismus. Statt an Gott glauben die Europ�er mehr und mehr lieber an sich selbst. Aus dem individualisierten Glauben bei Luther entwickelt sich ein schrankenloser s�kularer Individualismus, sprich Egoismus. Statt dem Bibelwort Vertrauen zu schenken, erw�chst als neuprotestantisches Gew�chs eine methodisierte Bibelkritik. Der europ�ische (protestantische) Mensch erhebt sich �ber Gott. Mit dem Verlust des Gottesworts sterben die europ�ischen Kirchen, der Neuprotestantismus verliert seine Salzkraft f�r die Gesellschaft. Vor allem seit den 1960er-Jahren – in Deutschland schon fr�her – beginnt die ganze Kraft des Westens (zun�chst noch kaum sp�rbar) zu sinken.

Der Protestantismus ist daran, seine eigenen Erfolge zu zerst�ren. Sterben heute in Europa die Kirchen, so wird morgen der ganze Kontinent in den Untergang hineingezogen. Denn Europa ist durch die Bibel geworden, es k�nnte den Verlust dieser Botschaft auf die Dauer nicht �berleben. Papst Johannes Paul II. hat schon 1990 zu einer Neuevangelisierung Europas aufgerufen. Hatte er nicht recht? Der Neuprotestantismus sch�ttelte dar�ber verst�ndnislos den Kopf. Inzwischen hat der Zeitgeist unsere Jugend weiter nach seinem Bilde geformt, unsere Medien geleitet, zwischen M�nnern und Frauen einen Klassenkampf entfesselt, Millionen von Kindern die Geburt verweigert, Kindern die M�tter und V�ter genommen und Heranwachsenden die Findung ihrer Identit�t erschwert.

Europa – einst Vorort der Welt – ist zum Spielball der M�chte geworden; es hat seine Sendung verraten, weil es (durch den Neuprotestantismus) selbst verraten wurde. Es hat sein Ohr nicht der Stimme des guten Hirten, sondern verf�hrerischen Ideologien und abgehobenen Kulturidealen geliehen. Das ist die tiefste Schuld des Protestantismus – gegen�ber Gott und gegen�ber dem ganzen Kontinent. Durch die Reformation hat Gott vor allem die europ�ischen V�lker des Nordens und des Westens, allen voran Deutschland und die Schweiz, gerufen und gesegnet.

Weshalb der Reformation im 16. Jahrhundert kein v�lliger Durchbruch und Aufbruch in Kirche, Kultur und Politik beschieden war, bleibt Gottes Geheimnis. Wenn evangelische Kirchen, welcher Couleur auch immer, feierlich der 500 Jahre seit der Reformation gedenken, so tun sie es mit grossem Dank; die Reformation hat uns die Helligkeit des Wortes Gottes, die Freude der Heilsgewissheit und letztlich Demokratie, Wissenschaft und Wohlstand geschenkt. Wir feiern das Jubil�um aber auch im Zeichen der Busse �ber Glaubensstreit und todbringende Rechthaberei auf beiden Seiten der Konfessionsgrenzen. Der �bermut des Neuprotestantismus hat nicht nur unseren Kontinent und die ganze Welt mehrfach bis an den Abgrund bedroht; er hat durch pseudowissenschaftliche Kritik an der Bibel die Kirche ihres Lichtes beraubt, das sie braucht, um zu �berleben und f�r die Welt ein Segen zu sein.

500 Jahre Reformation sind ein Anstoss, im Raum der Kirchen und dar�ber hinaus die ausgetretenen Wege des Zeitgeists zu verlassen. Gott sagt Seiner Kirche zu: �Ihr seid das Licht der Welt, lasst euer Licht leuchten!� Lasst uns deshalb das Evangelium wieder neu und froh bekennen! Es ist die Kraft Gottes, die ver�ndert – gestern und heute.

Aus: Mitternachtsruf 02/2017

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