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Polizei stürmt Wohnung und hängt Israelfahne ab

Aufregung über einen Polizeieinsatz in Duisburg: Ein Student wollte Solidarität mit Israel zeigen, hängte während einer Demo gegen den Gaza-Krieg Fahnen vor die Wohnung - da traten Beamte seine Tür ein und entfernten die Flaggen. Jetzt bittet der Polizeichef um Entschuldigung, die Empörung ist groß.

Berlin - Es ist nicht neu, dass sich auch in Deutschland die Gemüter erhitzen, wenn im Nahen Osten Bomben fallen und Raketen fliegen. Aber dass deutsche Polizeibeamte eine Wohnungstür eintreten, um eine Israelfahne aus einem Schlafzimmerfenster zu entfernen, weil sich unten auf der Straße Demonstranten an ihr stören - das hat eine besondere Note.

Diese Flagge erregte einige Demonstranten - die Polizei entfernte sie So aber geschah es am Wochenende in Duisburg. Etwa zehntausend Menschen hatten sich am Samstag am Hauptbahnhof der Ruhrgebietsmetropole versammelt, um gegen Israels Vorgehen im Gaza-Streifen zu demonstrieren. Aufgerufen zu der Kundgebung hatte die islamistische Organisation Milli Görüs, die - wiewohl nicht verboten - in Deutschland seit Jahren vom Verfassungsschutz beobachtet wird.

Nach kurzer Zeit passierte der Zug eine Hauptverkehrsstraße. An einem Eckhaus wurden die Demonstranten zweier israelischer Fahnen gewahr - eine hing vom Balkon, die zweite befand sich im Inneren der Wohnung, am Schlafzimmerfenster. Der 25-jährige Student Peter P.* und seine 26-jährige Freundin hatten sie angebracht.

"Plötzlich sah ich einen Polizisten in meinem Schlafzimmer"

Übrigens nicht zum ersten Mal: Anfang des Jahres etwa hisste P. die israelische Flagge aus Anlass des Holocaust-Gedenktages. Im Mai ließ er sie gleich mehrere Woche hängen, weil der Staat Israel seinen 60. Geburtstag beging. Jahrelang habe die Hamas Israel mit Raketen beschossen, ohne dass das viele Leute gekümmert habe, sagte P. SPIEGEL ONLINE zu seinen Beweggründen. Nun finde er es angemessen, "Solidarität mit der einzigen Demokratie der Region" zu bekunden.

Dass an diesem Tag eine Demonstration gegen Israels Offensive an seinem Haus vorbeiziehen würde, wusste P. Aber er sei eben besorgt angesichts dessen, was er als "die größten antisemitischen Aufmärsche in Europa seit 1945" wahrnehme, nämlich gegen Israels Vorgehen gerichtete Aufmärsche, in denen antisemitische Hetze geduldet werde, etwa in Paris und London.

Als die ersten Demonstranten die Flaggen erkannten, stand P. mit seiner Freundin auf der Straße, in unmittelbarer Nähe. Er hatte den Zug begleitet, weil er eventuelle Hetzparolen dokumentieren wollte. Was sich angesichts der Flaggen entwickelte, nennt P. "eine Lynchstimmung". "Tod Israel", sei von einigen Demonstranten geschrien worden, und "Verrecke!". Die Polizei erschien ihm überfordert.

"Plötzlich", berichtet der Student weiter, "sah ich einen Polizisten auf dem Balkon im zweiten Stock", der zur Wohnung unter seiner eignen gehört. Der Beamte riss die eine Israelfahne, die an P.s Balkon befestigt war, ab. Kurze Zeit später sah P., wie in seinem eigenen Wohnzimmerfenster ein Beamter die innen angebrachte Fahne abmachte.

Eisbrocken, Nagelknipser, ein Taschenmesser fliegen

Die Aktion der Polizei löste bei den Demonstranten Jubel aus. Das berichtet nicht nur P., das lässt sich unschwer auf Videos nachvollziehen, die auf YouTube kursieren. Noch am Samstag machten die Journalisten vom Revierblog "Die Ruhrbarone" auf den Vorfall aufmerksam. Auch Gegenstände flogen gegen P.s Fenster, mit ziemlicher Sicherheit Eisbrocken, ein zusammengeklapptes Taschenmesser, ein Nagelknipser, möglicherweise auch Steine.

P. sagt, er sei "schockiert" gewesen. Aus Angst, in die eigene Wohnung zu gehen, sei er zunächst mit seiner Freundin in die Innenstadt weitergezogen. Etwa zwei Stunden später kam er zurück, mit seiner Freundin und einem Bekannten - doch noch immer standen Jugendlich vor dem Haus und warfen Gegenstände.

Erst als diese fortgegangen seien, habe er seine Wohnung betreten. Unten fuhr ein Polizeiwagen vorbei, P. bat die Beamten nach oben. Er und seine Freundin, rieten die Beamten, sollten sich zunächst vom Fenster fernhalten; die Polizei würde noch ein paar Stunden unten aufpassen.

"Ich stand völlig neben mir", berichtet P., "ich hatte Angst." Zwei Stunden vergingen ohne Zwischenfall. Doch dann ging P.s Bekannter zum Rauchen auf den Balkon - und wurde sofort wieder von Jugendlichen als "Scheißjude" beschimpft.

Zwei Minuten später stand erneut die Polizei vor P.s Tür - und zum zweiten Mal an diesem Tag taten die Beamten etwas Unerwartetes: Sie erteilten P.s Freund einen Platzverweis aus dessen Wohnung.

Der Polizeipräsident entschuldigt sich

Das Verhalten der Duisburger Beamten hat mittlerweile Empörung ausgelöst. Der Zentralrat der Juden hat sie kritisiert. Rainer Wendt, NRW-Chef der "Deutschen Polizeigewerkschaft" sagte: "Es ist unerträglich, wenn in Deutschland Islamisten polizeiliches Handeln bestimmen", äußerte allerdings Verständnis für die "schwierige Einsatzsituation" der Beamten vor Ort. Offenbar seien zu wenig Kräfte im Einsatz gewesen, so Wendt. Frank Richter von der "Gewerkschaft der Polizei" in NRW sagte SPIEGEL ONLINE, der Einsatz müsse nachbereitet und transparent gemacht werden.

Die Duisburger Polizei verteidigte unterdessen ihr Vorgehen zunächst. Die "Westdeutsche Allgemeine Zeitung" zitierte in ihrer Ausgabe vom Montag einen Polizeisprecher mit der Aussage, die Entfernung der Flagge hätte "gefahrenabwehrende Gründe" gehabt. Die Nachrichtenagentur ddp gab den Sprecher noch am Dienstag mit den Worten wieder, "hier wurde der richtige Weg gewählt".

Erst am Dienstnachmittag meldete sich der Polizeipräsident von Duisburg, Rolf Cebin, zu Wort - und bekannte Farbe. "Ich bedaure zutiefst, dass Gefühle insbesondere jüdischer Mitbürgerinnen und Mitbürger verletzt wurden. Das Entfernen der Fahnen ist aus heutiger Sicht die falsche Entscheidung gewesen."

Nachspiel im Landtag?

Ob es damit getan ist, wird sich zeigen. Zumindest die SPD will den Vorfall im Landtag zur Sprache bringen. "Wir werden das am kommenden Donnerstag in einer aktuellen Stunde im Innenausschuss zum Thema machen", kündigte SPD-Fraktions-Vize Ralf Jäger im Gespräch mit SPIEGEL ONLINE an. "Die zentrale Frage lautet: Wie kann es sein, dass das Gefahrenpotential der Demonstration so unterschätzt wurde und die Polizei in eine Situation getrieben wurde, in der sie dem Anliegen der Gewalttäter folgen musste und nicht dem Recht auf freie Meinungsäußerung anderer?"

Nach seinen Informationen sei die Duisburger Polizei von tausend Teilnehmern ausgegangen, nicht von rund 10.000, so der Duisburger. Sie hätte eine bessere Lageeinschätzung gebraucht, was die Frage aufwerfe, warum das Landeskriminalamt nicht "vorgearbeitet" habe.

Von Milli Görüs gibt es noch keinen Kommentar zu dem Vorfall. Der als Sprecher fungierende Generalsekretär war am Dienstag nicht erreichbar, der Vorsitzende hielt sich nach Angaben aus der Milli-Görüs-Zentrale nicht in Deutschland auf.

Peter P. nahm sich unterdessen am Dienstag einen Anwalt. Denn noch ist nicht einmal geklärt, wer für die Kosten der durch die Polizei eingetretenen Tür aufkommt.

*Name von der Redaktion auf Bitte des Betroffenen geändert.

spiegel online

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