Seit ungef�hr zwanzig Jahren werden CDU, CSU, SPD und Gr�ne dem Kern der FDP-Politik, n�mlich der neoliberalen Umgestaltung von Wirtschaft und Gesellschaft, angeglichen.
Dabei spielt der Wille des Volkes — also das demokratische Prinzip — nur eine untergeordnete Rolle. Es wird von oben nach unten regiert. Aber was ist nun neoliberal? Heute versteht man unter dem Neoliberalismus die R�ckbesinnung auf den Raubtier-Kapitalismus. Neoliberal steht f�r Losl�sung von der sozialen Marktwirtschaft, in der zu Anfang christliche Werte noch eine Rolle spielten. Im Neoliberalismus gibt der Staat dem Kapital wieder die Z�gel in die Hand und f�rdert gleichzeitig einen Lohn-und Sozialabbau.
Dass l�ngst rein neoliberal gehandelt wird, zeigt die Rettung der Banken. W�hrend die Regierung bei der Erh�hung von Hartz-IV-S�tzen oder bei der Bezuschus�sung des Gesundheitswesens um jeden Euro knausert, spielt bei der Rettung des Finanzsektors Geld �berhaupt keine Rolle. Ohne den B�rger zu fragen, werden seine Steuermilliarden in den Rachen der Pleitiers gewor�fen — das ist Neoliberalismus pur. Angesichts dieser neoliberalen Entwicklung haben Parteien insofern nur noch die Aufgabe, das entsprechende Gedankengut in denjenigen Teil der Bev�lkerung zu transportieren, der ihrem politischen Spektrum am n�chsten steht. CDU, CSU, SPD und Gr�ne sind also im Grunde nur noch neoliberale Milieu-Parteien mit ein paar meist randst�ndigen Unterschieden.
Der entscheidende Coup in dieser Hinsicht war es, die Agenda 2010 unter F�hrung der SPD durchzuset�zen, denn deren Anh�ngerschaft h�tte sich dies von einer CDU/FDP-Regierung niemals gefallen lassen. Diese Agenda, unter Rot/Gr�n 2003 beschlossen, folgt streng einem neoliberalen Konzept, das der Wirtschaft Freir�ume schafft und den Sozialstaat umbaut, sprich Sozialleistungen abbaut: K�rzung der Laufzeit f�r Ar�beitslosengeld, Herabstufung auf Hartz IV, Streichung von Krankenkassen-Leistungen etc.
Eine solche Entwicklung hat nat�rlich Folgen. Und die sind bei der Bundestagswahl 2009 so offen wie nie zutage getreten. Zun�chst einmal zeigt der histo�rische Tiefstand der Wahlbeteiligung, wie sehr sich die politische Elite von der Bev�lkerung entfernt hat. Er best�tigt auch, dass der Wille eines betr�chtlichen Teils des Volkes eben keineswegs mehr von den Man�datstr�gern gespiegelt wird. (Wobei wir sogar den Prozentsatz derjenigen B�rger unber�cksichtigt lassen wollen, die sich nur z�hneknirschend durchgerungen haben, doch noch zur Wahl zu gehen — die m�sste man eigentlich auch noch abziehen.) Die SPD fuhr die h�chsten Verluste ein, die eine Partei je bei einer Bundestagswahl hinnehmen musste. Aber auch die CDU musste das zweitschlechteste Ergebnis, ihre Schwesterpartei CSU gar das schlechteste Ergebnis einer Wahl verbuchen. Dies spricht zusammen mit der historischen Zahl der Nichtw�hler eindeutig daf�r, dass den Menschen bei dieser Wahl die Alternative fehlte, die sie gesucht hatten.
Der Niedergang der SPD zeigt eines �berdeutlich: Ein betr�chtlicher Teil der Bev�lkerung f�hlt sich schon seit geraumer Zeit politisch nicht mehr vertreten. Nach aller historischen Erfahrung ist eine zunehmende Ra�dikalisierung die Folge, und zwar nicht nur am linken Rand des Parteienspektrums. F�r gl�ubige Christen ist diese Aussicht — ebenfalls historisch bedingt (s. Nazi- Zeit) — nicht sehr beruhigend. Nun d�rfen wir gespannt sein, mit welchen neuen Erkenntnissen man in den n�chsten Monaten begr�nden wird, dass die Vorwahl- l�gen zu diesem Zeitpunkt die reine Wahrheit gewesen seien. Denn unseren gigantischen Schuldenberg wird jemand abtragen m�ssen, und nach aller Erfahrung der letzten zehn Jahre werden dies nicht die prim�ren Nutznie�er sein, n�mlich diejenigen, die haupts�chlich mit Geld und Besitz wirtschaften, sondern die abh�ngig Besch�ftigten. ins Kalk�l der neoliberalen Ideologie w�rde das vorz�glich passen.
Eine Wahl zum Abgew�hnen — und nun?
Welche Schlussfolgerungen k�nnte man denn als Christ aus dieser Wahl und ihrer Vorgeschichte ziehen? „Viele Mitglieder der CDU", schreibt Bruno Graber im Schweizer evangelikalen Internet-Dienst livenet, „klagen �ber den Verlust von christlichen Werten in ihrer Partei."
Sicher, das Programm jener Parteien, die es immer noch wagen, ein „C" in ihrem Namen zu tragen und sich damit auf Jesus Christus zu berufen, h�tte schon viel fr�her und viel intensiver durchleuchtet werden m�ssen. Aber vermutlich greift auch das zu kurz. Vielleicht sollte man die gegenw�rtige politische Lage noch einmal zum Anlass nehmen, grunds�tzlich �ber
das Thema „Christ und Politik" nachzudenken. Gut, wir sollen unsere gesetzlich festgelegten Pflichten ge�gen�ber unserem weltlichen Gemeinwesen erf�llen (sofern sie Gottes Geboten nicht widersprechen) und beispielsweise Steuern zahlen. Wir sollten aber nicht vergessen, dass das eigentliche Gemeinwesen gl�u�biger Christen woanders ist: „ Unser B�rgerrecht aber ist im Himmel ..." (Phil. 3,20). Damit sollte bez�glich der beiden Welten, in denen gl�ubige Christen leben, schon einmal der vorrangige Stellenwert gekl�rt sein. Wer sich politisch bet�tigen will, muss sich die Frage stellen: Auf welches Ziel hin will ich mich politisch bet�tigen? Wir k�nnen versuchen, den christlichen Werten Geh�r zu verschaffen, so lange es noch m�glich ist. Aber das kann jeder an seinem Platz tun. Dazu ben��tigen wir keine Parteien, und sp�testens nach dieser Wahl m�sste jedem klar sein, dass auch der Weg �ber sogenannte „C"-Parteien aussichtslos ist. Wenn die CDU jetzt eine Koalition mit der FDP eingeht, dann ist auch klar, welche gesellschaftliche Politik mit einem schwulen FDP-Vorsitzenden und m�glichen Vizekanzler Guido Westerwelle Vorrang bekommen wird.
Diese Welt ist dem Tode geweiht, auch wenn sie es noch nicht wei�. Ihr Charakter als gefallene Welt wird auch in der Politik immer st�rker offenbar. Wir k�nnen versuchen, das immer st�rker ausreifende B�se in ihr etwas aufzuhalten, aber wir werden diese Entwicklung nicht anhalten k�nnen, das w�re v�llig unbiblisch.
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